In meinen meinen Wetteranalysen betrachte ich ich nicht nur die Entwicklungen in der Troposphäre, unserer Wetterküche, sondern ich werfe regelmäßig einen Blick auf die höheren Stockwerke der Atmosphäre, die Stratosphäre. Im Winter führen Kopplungen zwischen Stratosphäre und Troposphäre zu vertikalen Energietransfer (in beide Richtungen) und Auswirkungen auf das Wetter in den untersten Schichten.
Eine Entwicklung in der Stratosphäre, die in Wintern statistisch alle zwei Jahre zu beobachten ist, nennt man SSW (sudden stratospheric Warming). Starke Ausprägungen führen zu einer Windumkehr im sPW (stratosphärischer Polarwirbel) von W auf O mit zeitlich verzögerten Auswirkungen auf die Troposphäre.
Ein SSW, das in weiterer Folge im „final warming“ des sPW mündete, erfolgte heuer im März. Wer meine Beiträge regelmäßig verfolgt, wird sich daran erinnern.
Bei einer SSW steigen Temperatur und Druck der Stratosphäre um den Pol rasch und stark an und führen zu einem „Zusammenbruch“ der winterlichen Zirkulation. Diese Effekte breitet sich verzögert in die darunterliegenden Schichten der Atmosphäre aus:
Quelle: stratobserve
Obige Grafik zeigt den typischen Abwärtsverlauf des SSW mit dem „downward developement“ des Hochdrucks in die unteren Schichten.
Blaue Einfärbungen zeigen niedrigeren Druck (negative Anomalie) an, rote Farbe einen höheren Druck. Von A03/2025, dem SSW-Ereignis, bis inkl. erste Aprildekade ist eine starke Hochdruckanomalie in der Stratosphäre zu beobachten, die sich seither langsam in die darunter liegenden Schichten ausbreitet und zunehemend die Zirkulation in der Troposphäre beeinflusst.
Mit dem Erreichen der Troposphäre erfolgt eine massive Störung des tPW bis zu dessen Zusammenbruch bzw. PW-Split. Meist ist diese Entwicklung, so auch heuer, mit persistenten blockierenden Hochdruckgebieten in den höheren Breiten (Grönland, Nordmeer, Skandinavien) verbunden. Dadurch können die milden atlantischen Luftmassen den Alpenraum nicht erreichen.
Die vom europäischen Wettermodell prognostizierte Geopotentialanomalie für Mai zeigt eine starke positive Geopotentialabweichung über dem nördl. NA. Dem gegenüber steht tiefes Geopotential über NW-Russland. Der Alpenraum liegt genau dazwischen. Da sich die Strömung im Uhrzeigersinn um das Hoch bewegt, dominiert der Zustrom von Luftmassen aus N und diese sind naturgemäß kühl.
Das in meinen Wetteranalysen schon mehrmals erwähnte W-O Gefälle der Temperaturen lässt sich damit auch erklären. Der W liegt näher am wärmeren Hoch, während der O zeitweise von zyklonalem Einfluss mit kühlerer Luft beeinflusst wird (siehe Beitragsbild vom Klimamonitoring der GSA für die ertse Maidekade):
Die erste Grafik des Beitrages zeigt, dass sich die Hochdruckanomalie in die letzten Maidekade fortsetzt, aber laufend abschwächt. Es ist davon auszugehen, dass im Juni die Karten neu gemischt werden. Fernwirkungen von atmosphärische Veränderungen im pazifischen Raum durch das Abklingen der La-Nina Phase und dem langsamen Übergang zu El-Nino Bedingungen werden eine Rolle spielen. Auch die weltweit überhöhten Meeresoberflächentemperaturen und die weit unterdurchschnittliche arktische Meereisausdehnung am Ende des Winterhalbjahres werden zu atmosphärischen Veränderungen beitragen.
Die EZ-Prognose der Geopotentialanomalie für den ersten Sommermonat Juni zeigt eine grundlegende Änderung im Zirkulationsmuster über ME. Ein Keil des Azorenhoch mit dem Potential für die erste Hitzewelle des bevorstehenden Sommers dürfte sich stärker in das Wettergeschehen einmischen:
Deinen vorigen Beitrag über den Aufbau einer schönen Omegalage habe ich ja fast mit positiver Stimmung aufgenommen; aber nutzt halt nix, wenn wir (vor allem in Ostösterreich) auf der kühlen östlichen Seite, am Rand, liegen 😉
Lgp