Winterprognose 2025/2026

Im neuen Klimazeitalter ist ein Kaltwinter im Alpenraum praktisch auszuschließen.

Im Herbst wurde von einigen Internetmedien und privaten Wetterdiensten in reißerischen Worten ein bevorstehender Jahrhundertwinter ausgerufen. Das Ziel ist wohl in erster Linie das Generieren von Clicks (Clickbaiting), weil dies von Werbepartner Geld bringt. Eine höchst unseriöse Vorgehensweise, die sich leider alljährlich wiederholt!

Sowohl die Langfristmodelle, als auch die Betrachtung der wichtigsten Einflussfaktoren auf das Winterwetter (s.u.) werfen für mich nur eine Frage auf: Wird der Winter 2025/2026 gemittelt über D,J,F ein Mildwinter (ca. +1K) oder ein Supermildwinter (+2K oder mehr) bezogen auf die Klimareferenzperiode 1991-2020. Dies schließt eher kurze winterliche Abschnitte nicht aus.

Nach dem winterlichen Wetterabschnitt in der zweiten Novemberhälfte, ist die Ausgangslage für den meteorologischen Winter alles andere als winterlich:
deutlich zu mild und oft sonnig auf den Bergen, nebelig unter einer Inversion in der feuchtkühlen Grundschicht präsentieren sich die ersten Tage des Winters.
Das wird sich in absehbarer Zeit auch nicht wesentlich ändern. Schwache Frontausläufer bringen nur wenig NS.  Bei Durchmischung der Luftschichtung sind in den Niederungen Tmax über 10°C möglich.

Der Wintereinbruch in der zweiten Novemeberhälfte ist einem massiven Energieeintrag von der Troposphäre in die Stratosphäre – SSW (sudden stratospheric warming) ohne Zonalwindumkehr -geschuldet. Die Reflexion zurück in die Troposphäre positionierte das steuernde Fragment des tPW (troposphärischer PW) über Nordkanada. Als Folge wird in nächster Zeit polare Kaltluft auf dem NA gelenkt und die Dynamik der Frontalzone angefeuert. Das blockierene Kontinentalhoch verhindert jedoch (noch) die Progression bis ME und den Alpenraum. Hier etabliert sich eine gradientenschwache Dümpellage (Sonne und mild oben, Nebel und kühl unten).:

 

Insgesamt wird der sPW, der derzeit eine längliche Struktur zeigt, jetzt rasch robuster werden und bis Mitte Dezember wieder „rund“ laufen.:

Quelle: stratobserve

 

Die über die Ensembles des aktuellen GFS-Modelllaufes gemittelten Druck-/Geopotentialstruktur zeigt bis Mitte Dezember ein zonales Zirkulationsmuster über dem NA und eine nördl. verlaufende Frontalzone über ME und einer Nullgradgrenze jenseits von 1500m (ähnlich das IFS des europäischen Wetterzentrums):

 

Dass alle Zeichen auf einen weiteren Mildwinter stehen, habe ich eingangs schon erwähnt.

Große Einigkeit zeigen die Langfristmodelle der einzelnen behördlichen Wetterdienstleister. Sowohl in den einzelnen Modellen als auch im gezeigten Multimodell wird eine positive Temperaturabweichung von ca. 2 K prognostiziet:

 

Beim NS liegt ME im Durchschnitt, lediglich der westl. Alpenraum könnte etwas feuchter sein. Die positive NS-Abweichung über Skandinavien deutet auf eine häufig nördl. verlaufende Frontalzone hin:

 

Das Cfsv2 Modell der NOAA zeigt in seiner Langfristprognose auf Basis aktuellerer Daten einen ähnlich hohen Temperaturüberschuss im kommenden Winter:

Quelle: NOAA

 

Eine abweichende Temperaturprognose für den kommenden Winter für Europa liefert das Modell vom Atmosphärenwissenschaftler Judah Cohen:

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Wie gewohnt versuche ich auch den Wintertrend  aus den großräumigen Einflussfaktoren bzw. Telekonnektionen herzuleiten.

Im äquatorialen Bereich des Pazifik herrschen in den Wintermonaten schwache La Nina-Bedingungen. Dabei wird kaltes Tiefenwasser entlang der Südamerikanischen Küste an die Oberfläche befördert und das warme Oberflächenwasser dehnt sich mit den Passatwinden Richtung Asien und Australien aus:

Quelle: NASA

Die Auswirkungen von La Nina auf den amerikanischen Kontinent und den pazifischen Raum sin gut erforscht. Direkter Einfluss auf das Wetter in Europa ist nicht nachweisbar, ein indirekte Effekt könnte durch verstärkte Kaltluftzufuhr auf den NA  die NA-Oszillation beeinflussen. Ob dies dann in ME zu häufigeren milden Westwindwetter führt hängt dann von den Zustandsgrößen im NA (Temperatur, Strömungen …)  und den vorherrschenden Druckgebilden am Kontinent ab. 
Nach meiner Beobachtung sind die Winter bei La Nina-Winter im Alpenraum hochdruckdominiert, zu mild und zu trocken.

Bei den Abweichungen der  Meeresoberflächentemperaturen werden einerseits über dem Pazifik die La Nina-Verhältnisse ersichtlich, gleichzeitig dokumentieren sie den Temperaturüberschuss im NA und dem Mittelmeer:

Quelle: NOAA

 

Die arktische Meereisausdehnung erreichte heuer einen Winterbeginn-Tiefststand:

Quelle: zacklabe

 

Vor allem im Bereich der Barentssee und Karasee ist der Rückgang besonders hoch:

Quelle: Meereisportal

 

Auch die Schneebedeckung über Eurasien ist heuer weit unter dem dem Mittel der letzten 20 Jahre:

Quelle: NOAA

 

Die QBO (quasi binäre Oszillation) ist ein Klimaphänomen in der äquatorialen Stratosphäre, bei dem sich periodisch die va. im Zweijahresrhythmus die Windrichtung von W nach O und umgekehrt ändert. 
In der Westwindphase wird der PW und der Jetstream verstärkt, was für den Alpenraum häufig zu mildem atlantikgeprägten Wetter führt.
In der Ostwindphase schwächt die QBO den PW. Dies erhöht die Chancen für arktische Kaltluftausbrüche in die mittleren Breiten und die Ausbildung eines Major Warming (SSW mit Zonalwindumkehr) in der Stratosphäre.
Im kommenden Winter befindet sich die QBO in einer Ostphase:

Bei den div. behandelten Einflussfaktoren versuche ich immer, mir die Entwicklung der Winter mit ähnlicher Ausgangslage anzusehen. Allerdings wäre ein Analogieschluss nur dann zulässig, wenn alle Parameter eine Ausgangslage haben, die mit der aktuellen weitgehend übereinstimmt. Dies ist aber praktisch nie der Fall. Die einzelnen Einflussfaktoren stehen zueinander in Wechselwirkung, dabei werden die Auswirkungen auf das winterliche Zirkulations- und Temperaturmuster verstärkt oder geschwächt.

Würde ich die aktuelle QBO als alleinigen Indikator für den aktuellen Winter betrachten, dann kommen sofort Erinnerungen auf den Kaltwinter 1995/1996 auf:

 

Im neuen Klimazeitalter mit der rasant fortschreitenden, vom Menschen  verursachten Erderwärmung, kann man leider von klassischer Winter früherer Jahrzehnte nur mehr träumen.

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Nach den umfangreichen Ausführungen komme ich nachfolgend zu meinem persönliches Resümee für den kommenden Wintertrend:

– im Mittel deutlich zu mild (ca. 2K) und leicht unterdurchschnittliche NS-Mengen;

– ein Wechsel von Hochdruckdominanz, Blockadelagen mit Dümpelwetter wie derzeit Anfang Dezember, mildem Westwinwetter (Schnee nur in höheren Lagen); tendenziell ist die atlantische Frontalzone nach N verschoben;

kurzer winterliche Abschnitte mit Frost/Schnee bis in tiefe Lagen sind möglich, bleiben aber selten;

– die Entwicklung des sPW könnte noch für unvorhersehbare Überraschungen sorgen. Das überraschende SSW des sPW im November mit dem Wintereinbruch in der zweiten Monatshälfte macht den sPW trotz vorhergesagter Stärkung und Zentrierung über dem Pol anfälliger für Wärmeeinträge aus der Tropisphäre. Ein weiteres SSW – möglicher weise diesmal mit Windumkehr auf der 10hPa-Fläche in 60° nördl. Breite – ist nicht auszuschließen. Die oben beschrieben QBO könnte dies unterstützen.

Ein Gedanke zu „Winterprognose 2025/2026“

  1. Danke Franz, vor Weihnachten sieht es mit dem wieder intakten Polarwirbel ja eher nicht mehr so aus, als würde ein Kälteausbruch kommen, im Gegenteil. Ich glaub ich hab für einige Zeit die letzten Skitouren gemacht (immerhin ist das im Aufstieg sogar abseits der Pisten gut gegangen), denn auf weißen Bändern gehe ich nicht.

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