Der Winter 2017/2018 steht im Zeichen von La Nina

Etwas später als in den vergangenen Jahren veröffentliche ich heuer meine Trendanalyse für den Winter 2017/2017 mit meiner persönlichen Einschätzung. An der Version, die ich bereits zum meteorologischen Winterbeginn erstellt hatte,  hat sich nicht viel geändert.

Ich habe die Ausarbeitung unterteilt in 
Vorgeschichte, aktueller Zustand und berechnete Entwicklung der Atmosphäre,
Telekonnektion/Einflussgrößen mit Fernwirkung,
Langfristprognosen von Meteodienstleistern,
Persönliches Resümee.

 

Atmosphärenzustand

Im Gegensatz zu den NH-Zirkulationsmustern der letzten Jahre war im heurigen Spätherbst und Frühwinter  ein stark meridionales Strömungsmuster mit nach N aufgewölbtem Atlantikrücken und einem sich immer wieder regenerierenden Trog ME vorherrschend.
Die Reanalyse der Geopotentialabweichung von Mitte November bis Mitte Dezember dokumentiert dieses Muster:

16.12.2017.geoano.NH.seit Nov

rot: positive Geopotentialabweichung
blau: negative Geopotentialabweichung

Quelle: NOAA

 

Für mich stellte sich Ende November die Frage, ob sich die Erhaltungsneigung dieser Druckkonstellation bis in den Kernwinter fortsetzt oder nicht. Die Modellrechnungen zum meteorologischen Winterbeginn wiegten mich in den Glauben, dass sich die Persistenz der GWL behauptet und der bevorstehende Winter mit Kälte und Schnee nicht geizen wird. Dazu kam noch, dass ich Parallelen zum Winter 2005/2006 erkannte.
Andere Erkenntnisse und vor allem die Langfristprognosen der bekannten Meteodienstleister sprachen aber für einen deutlich zu milden Winter. 
Der status quo in den noch etwas sprunghaften Modellrechnungen weist eine klare Abkehr von der Erhaltungsneigung des meridionalen und winterfreundlichen Zirkulationsmusters auf.
Die Ursachen liegen einerseits in einem stabilen und gut zentrierten PW (Polarwirbel) in der Stratosphäre und andererseits bei den Kaltluftansammlungen über NO-Kanada/Grönland, die in nächster Zeit laufend auf den warmen Atlantik  ausbrechen und  dort Tiefdruckentwicklungen induzieren. Die nördliche Frontalzone gewinnt dadurch an Dynamik, drängt das Azorenhoch zurück und stößt bis auf den europäischen Kontinent vor.

Der aktuelle Berechnunglauf des amerikanischen GFS zeigt diese GWL-Änderung im Mittelfristzeitraum recht eindrucksvoll.

Aktuelle Druckstruktur und Temperaturverteilung in ca. 1500m der NH:

16.12.2017.gfsnh-0-6

16.12.2017.gfsnh-1-12

 

Beginnende Zonalisierung der Zirkulation und Kippen des Azorenkeils zur Wochenmitte:

16.12.2017.gfsnh-0-132

 

Bis Weihnachten etabliert sich eine typische Westwetterlage mit flachem Trog-/Rückenmuster vom Atlantik bis Osteuropa. Milde Vorderseiten wechseln in Folge mit kühlen Rückseiten:

16.12.2017.gfsnh-0-204

 

16.12.2017.gfsnh-1-204

 

Als vorherrschende Wetterlagen nach Weihnachten kommen meines Erachtens vor allem zwei Szenarien in Frage:
dynamische wechselhafte Westlage oder höhenmilde SW-Lage mit flacher Inversion.

Die über die Ensembles des aktuellen GFS-Modelllaufes gemittelte Geopotential- und Druckstruktur zeigt zwar einen fragmentierten troposphärischen PW, das deutlich mächtigere PW-Fragment über NO-Kanada/Grönland belebt aber weiterhin die Tiefdruckentwicklungen am NW-Atlantik. Diese erreichen entlang der Frontalzone mit relativ milden atlantischen Luftmassen den europäischen Kontinent.  Das heuer nur schwach ausgeprägte Kältepotential westlich des Urals kann die Westdrift nicht blockieren, sodass eine GWL-Umstellung zu einem zonalen Zirkulationsmuster mit den erwähnten Szenarien ab Weihnachten zu erwarten ist:

16.12.2017.geo.mittel

 

Wie lange dieses Zirkulationsmuster und damit eine recht milder Winterabschnitt andauert, lässt sich anhand des begrenzten Zeitraumes der Wettermodelle nicht vorhersagen.
Um einen möglichen Trend für den Kernwinter und Spätwinter zu erkennen, analysiere ich nachfolgend Einflussgrößen (Wettervorgänge in entfernten Gebieten), die über Telekonnektion/Fernwirkung  direkt oder zeitversetzt mit dem Wetter in EU zusammenhängen.

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Telekonnektionen

Sonnenflecken

Das Minimum des aktuellen Zyklus wird 2019/2020 erreicht:

16.12.2017.Sonnenzyklus

Quelle: spaceweatherlive

Wenn Sonnenflecken im Bereich des Minimums sind, erreicht die Atmosphäre weniger UV-Strahlung. Dies bedeutet geringere Erwärmung der Erdatmosphäre. Beobachtungen zeigten, dass im Bereich des Sonnenfleckenminimus und kurz danach die Winter oft zu kalt ausfielen. Aktuell ist das Minimum aber noch nicht erreicht, sodass das eintreffen dieser Regel im kommenden Winter eher noch auf schwachen Beinen steht.

 

QBO (Quasi-Biennale Oszillation)

Die QBO ist eine annähernd zweijährige Schwingung des zonalen Windes in der unteren und mittleren tropischen Stratosphäre. Zwischen 100 hPa und 10 hPa wechseln sich Westwinde mit Ostwinden ab. Die Periode dieser Schwingung schwankt zwischen 22 und 34 Monaten. Im Mittel beträgt sie 27 Monate.
QBO-Westphase stärkt den PW, QBO-Ostphase schwächt den Zonalwind des PW. Aktuell befindet sich die QBO in der Ostphase: 

16.12.2017.qbo_wind

Quelle: FU Berlin

QBO-Ost erhöht im weiteren Winterverlauf die Wahrscheinlichkeit für ein Major Warming mit Zonalwindumkehr und möglichen PW-Split begünstigt. Ein Vorgang, der im Eintrittsfall häufig polare Kaltluftvorstöße nach ME und einen längeren hochwinterlichen Witterungsabschnitt im späteren Winterverlauf bewirkt.

 

ENSO (El Nino – Soutern Oscillation)

Derzeit und in den bevorstehenden Wintermonaten herrschen schwache La Nina-Bedingungen mit einer negativen Temperaturanomalie im tropischen Pazifik:

16.12.2017.sst.ano

Quelle: NOAA 

16.12.2017.nino34

Quelle: NOAA CPC

Da das El Nino/La Nina Phänomen erst im letzten Jahrhundert entdeckt wurde existieren entsprechend wenige Daten über den Winterverlauf in EU unter La Nina-Bedingungen.
Die bisherigen Beobachtungen zeigen, dass  dass La Nina – Bedingungen mit einem meridional gprägten und eher kühlen Frühwinter und einem zonal geprägten und zu milden Kernwinter in EU korrelieren.
Dies würde zum bisherigen Winterverlauf und zur Analyse weiter oben perfekt passen.

Es könnte also durchaus sein, dass La Nina das Drehbuch für den heurigen Winter vorgibt.

 

Eurasische Schneebedeckung im Herbst und arktische Eisausdehnung sind zwei weitere Einflussgrößen auf das Wettergeschehen der NH. Während sich im vergangenen Winter ideale Waccy-Bedingungen (warm continents cold arctic) im Herbst ausbildeten(extrem geringe Meereisausdehnung,  überdurchschnittlich große Schneebedeckung in Eurasien), die in ME zu einen langen und kalten Kernwinter führten, lassen  heuer beide Parameter keine klaren Schlussfolgerungen auf einen womöglich kalten Winterabschnitt zu.

Die Schneedecke hat sich zwar anfangs gut entwickelt, liegt jetzt aber eher im  Durchschnitt  zu den Vergleichsjahren:

16.12017.schneebedeckung

Quelle: NOAA Star

 

Im Gegensatz dazu hat sich die Meereisausdehnung heuer etwas erholt:

16.12.2017.meereisausdehnung

Quelle: Meereisportal

 

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Langfristprognosen

Bei den Langfrist- bzw. Saisonprognosen der wichtigen Meteodienstleister in EU und USA zeigt sich ein recht einheitlicher Trend zu einem deutlich zu milden Gesamtwinter. Lediglich der Atmosphärenwissenschaftler Judah Cohen/AER  in seinen Analysen von einen leicht zu kalten Winterverlauf für EU aus.

Quellverweise sind in den Überschriften hinterlegt. 

ZAMG:

16.12.2017.Winterprog.ZAMG

 

DWD:

16.12.2018.dwd.tano.winter17-18

16.12.2018.dwd.precano.winter17-18

 

NOAA CPC:

16.12.2017.tano.winter

16.12.2017.precano.winter

 

Ähnlich sieht die NASA-Prognose aus.

 

EZ:

Monatsweise kann man die prognostizierten Abweichungen des europäischen Modells für Temperatur, Niederschlag und LD auf der kachelmann.com Plattform durchklicken.

 

AER:

Einzig Judah Cohen von AER sieht in seinen Analysen einen leicht zu kalten Winterverlauf für EU:

16.12.2017.winterprognose.AER

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Mein Resümee

Der Winter 2017/2018 wird nach dem aktuellen Erkenntnisstand im Mittel um 1 – 2 K zu mild ausfallen. Nachdem der Frühwinter bis Weihnachten eher eine leichte negative Temperaturabweichung zum klimatologischen Mittel aufweisen wird, sind vor allem für den Kernwinter deutlich überhöhte Temperaturen und mildes Atlantikwetter zu erwarten.
Nicht auschließen würde ich einen kalten Abschnitt im späteren Winterverlauf, ausgelöst durch eine Destabilisierung des PW ausgehend von der Stratosphäre..
Schnee im Bergland  ist ist bereits jetzt im Frühwinter vor allem nach W zu ausreichend vorhanden. Bei den zu erwartenden  Westwetterlagen wird es insbesondere in den W- und NW- Staulagen  oberhalb 1000m-1500m weiterhin Schneezuwachs geben. In den Niederungen und im Flachland des O stehen die Chancen auf eine längere Schneedecke schlecht. Kurze Episoden mit einer dünnen Schneedecke wird es aber sicher geben, denn auch in einem zu milden Winter treten kurze Phasen mit Kaltluftzufuhr und Schnee bis ins Flachland auf.

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