Wochenprognose: weiterhin mildes und wechselhaftes Atlantikwetter ohne Aussicht auf einen nachhaltigen Wintereinbruch

Auf den Bergen endet das Jahr 2022 am heutigen Silvestertag mit rekordverdächtigen Temperaturen: fast 15°C in 1500m, 0°C in 3500m! Auch im Jahresmittel wird das abgelaufene Jahr 2022 wahrscheinlich als das wärmste Jahr auf den Bergen Österreichs seit Beginn der Messgeschichte bilanzieren.
In den windschwachen Niederungen, wo sich mangels Durchmischung teils Nebel und seichte Kaltluftseen halten können, wird 2022 hinter 2018 ebenfalls auf dem „Stockerl“ landen.

Die weitere Entwicklung in der bevorstehenden Woche deuten auf Fortsetzung der für die Jahreszeit viel zu milden Wetterphase hin, obwohl die Temperaturen tendenziel leicht rückläufig sind. Erst zum Ende der ersten Jännerdekade dürfte sich das Temperaturniveau, geht es nach dem amerikanischen GFS-Modell, an das klimatologische Mittel annähern. Da das Zirkulationsmuster in ME voraussichtlich von einer westl. Komponente dominiert wird, sind dann für die Niederungen nasskalte Bedingungen zu erwarten. Für die Berge dagegen steigen die Chancen, dass sie von durchziehenden Störungen Schnee abbekommen.

 

Die obige Einschätzung lässt sich an den Ensembles der letzten 4 GFS-Modellläufe für den Gitterpunkt „Oberes Triestingtal“ gut nachvollziehen:

 

Der Grund für diese außerordentlich milden Wetterphase liegt an der starken zonalen Zirkulation über dem NA. Der NAOI (nordatlantischer Oszillationsindex), Indikator für den Druckgradienten zwischen Island und Azoren, ist und bleibt im Mittelfristbereich stark positiv:

Quelle: NOAA

 

Exemplarisch die Geopotential-/Druckstruktur vom aktuellen GFS-Modelllauf von heute Sa und die Simulation für kommenden Sa:

 

 

Wie zu erkennen ist, hat sich zwischen einem mächtigen Tief im Bereich von Island und dem Azorenhoch eine markante Westströmung entwickelt, die bis ins Jetstreamniveau (ohne Karte) reicht. Aller Voraussicht nach wird sie sich bis ME ausdehnen und die in den Ostalpen hinter einer Kaltfront aus N eingeflossenen kühleren Luftmassen nach O abdrängen. So mild wie aktuell,  wird es aber nicht mehr werden, denn mit dieser Zirkulation werden deutlich kühlere maritime Luftmassen nach ME gesteuert, womit wir bei meiner eingangs formulierten Einschätzung wären: nasskalt in den Niederungen, Schnee auf den Bergen!

 

Wie stehen die Chancen für einen winterlichen Wetterabschnitt bis in Tiefe Lagen?

Beim  spekulativen Blick in die Glaskugel halten sich meine Hoffnungen auf Schnee bis in die Niederungen in Grenzen 🙁   Diese meine Einschätzung entsteht bei näherer Analyse des PW (Polarwirbel) in der Stratosphäre und der derzeit stattfindenden Kopplung mit der Troposphäre.

Der stratosphärische PW hat aktuelle eine kreisrunde stabile Struktur mit sehr kalten Kern …………..

 

……………… und verbindet sich mit den unteren Ebenen bis in die Troposphäre, wodurch die oben beschriebene starke Zonalisierung der Zirkulation entsteht. Diese Entwicklung lässt sich an den Druckanomalien zwischen 1hPa und Boden nachvollziehen:

Quelle: stratobserve

 

An den Temperaturanomalien ist das Erstarken des stratosphärischen PW bis zur Tropospause ebenfalls gut erkennbar:

 

Für den Beginn der zweiten Jännerdekade wird eine markante Erwärmung berechnet (s.o.). Diese dürfte einem derzeit eingeleiteten starken Energietransfer von der Troposphäre in die Stratosphäre, verursacht durch ein mächtiges blockierenden Hochdruckgebiet über Mittelsibirien, geschuldet sein. 
Dieser vertikale Energietransfer wird den stratosphärischen PW massiv schwächen und – nach derzeitigen Simulationen von GFS – bis Mitte des Monats Jänner ein SSW (sudden stratospheric warming) auslösen:

 

Der Kern des stratosphärischen PW wird dabei in Richtung Grönland/NO-Kanada verlagert. Ein totaler Zusammenbruch des stratopsphärischen PW mit Zonalwindumkehr ist im Betrachtungszeitraum bis Mitte Jänner nicht zu erwarten.
In Teilen der USA und Kanadas wird bei dieser Entwicklung der Winter wieder zuschlagen, während EU eher auf der milden Seite bleibt.

Aktualisierung folgt!   Guten Rutsch ins neue Jahr!

Ein Gedanke zu „Wochenprognose: weiterhin mildes und wechselhaftes Atlantikwetter ohne Aussicht auf einen nachhaltigen Wintereinbruch“

  1. Vielen Dank für Deine Einschätzung und vor allem der Erklärung des Zusammenhangs mit der NAO. Sowas liest man sonst nur sehr selten. Einen guten Rutsch und liebe Grüße
    Claudia

Schreibe einen Kommentar zu Claudia Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Time limit is exhausted. Please reload CAPTCHA.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.