Für mich waren die letzten 10 Tage einer der spannendsten Wetterabschnitte in diesem Jahr.
Das bevorstehende ruhige Herbstwetter lässt momentan keine interessanten Wetterentwicklungen bei uns erkennen.
Das schafft Zeit für einen Nachbetrachtung des Hurrikan GONZALO 🙂
Im Grunde ist es noch ein paar Tage zu früh, aber da die Tage GONZALO´s nun gezählt sind, möchte ich schon heute eine rückblickende Analyse geben beginnend mit seiner Entstehung, über sein Heranwachsen zu einem Kat4 Hurrikan, seinen Höllenritt über den Atlantik und schlußendlich seinen Auswirkungen in Zentraleuropa und am Balkan, wo er in den nächsten Tagen sein Leben aushaucht.
Nach einer längeren Pause entwickelten sich am Beginn der zweiten Oktoberdekade am Atlantik wieder Tropentiefs mit Potential für Hurrikanstärke. Am 11.10.2014 habe ich in meiner Wetteranalysen seinen Vorgänger Hurrikan FAY erwähnt, er hat kurz danach die Bermudas getroffen und ist dann scharf nach Osten auf den offenen Atlantik abgebogen (4 Bilder, Quelle Wikipedia):
Zu diesem Zeitpunkt war das Tropentief, aus dem in weitere Folge GONZALO hervorging, östlich der kleinen Antillen im Entstehen. Bereits am 13.10. erreichte er Hurrikanstärke, querte unter laufender Intensivierung über dem warmen Meer Antigua, eine Insel der kleinen Antillen, und erreichte am 15.10. südwestlich von Bermuda Kat4:
GONZALO ist damit der stärkste atlantische Hurrikan seit OPHELIA im Jahr 2011.
Seine weiteren Zugbahn in Richtung Norden führte ihn über weniger warmes Meerwasser, sodaß seine Stärke langsam nachließ. Er streifte 17./18. 10. als Kat3 die Bermudas, wo er enorme Schäden an der Infrastruktur anrichtete.
Seine Weiterweg nach NO führte vorbei an Neufundland, wo er an die nördl. Frontalzone andockte:
Als Kurzwellentrog überquerte er in nur 2 Tagen den den Atlantik und erreichte am 21.10. die Britischen Inseln mit schwerem Sturm und Regenfällen, die zu Überschwemmungen führten
(Bildquelle: wunderground.com):
Am 22.10. morgens ist er als Sturmtief über Dänemark/Norddeutschland angekommen und zapft die im Norden bereitstehende polare Kaltluft an:
Eine Progression nach Osten wird durch ein Kontinentalhoch blockiert, bleibt nur ein Ausweichen bzw. Abtropfen nach Süden in Richtung Alpen und Mittelmeer. Ein Vorgang, der in den letzten Monaten wiederholt auftrat. An seiner Westflanke kam es durch Druckanstieg vom Atlantik zu starker Isobarendrängung und der Ausbildung eines Sturmfeldes, das mit der Kaltfront die Alpen erreichte. Davor bildeten sich teilweise Gewitter mit konvektiven Starkniederschlägen. Beim Über- bzw. Umströmen der Alpen am Ostrand gab es österreichweit in der Nacht zum Mi, 22.10.2014 Sturm- und Orkanböen mit umgestürzten Bäumen Schäden an Dächern:
In höheren Lagen brachte der Temperatursturz den ersten Wintereinbruch in diesem Herbst:
Am Do, 23.10. lag der Tiefdruckkern mit Höhenkaltluft bereits über der warmen Adria und dem nördlichen Balkan:
Abgeschnürt und entkoppelt von der Frontalzone entfernt sich der Ex-Hurrikan aber nur sehr langsam weiter nach SO. Dadurch trifft die herumgeführte Okklusion mit feuchtmilder Mittelmeerluft und strarken Niederschlägen an die Alpennordseite. Die Schneefallgrenze steigt in mittlere Höhen und vom Salzkammergut bis in zu den NÖ-Voralpen führen die Stauniederschläge zu hochwasserührenden Flüssen (HQ1-HQ5).
Aktuell liegen die Reste von GONZALO im Bereich der Ägäis. Das Höhentief bleibt dort stationär, füllt sich nur langsam auf und wird über das Wochenende hinaus in diesem Bereich für sehr turbulentes Wetter mit starken Niederschlägen sorgen:
Hohes Hochwassepotential besteht im Bereich des Marmarameeres und im südl. Bulgarien:
Damit hat GONZALO nach einer langen spannenden Reise mit viel Ungemach sein endgültiges Ziel erreicht, wird nächste Woche im östlichen Mittelmeerraum noch für ungemütliche Verhältnisse sorgen und dann die Wetterbühne verlassen.
Hallo Franz,
du hast eine spannende Biographe über das stürmische Leben von Gonzalo verfasst. Er ist offensichtlich genau entlang der Transatlantik-Standardflugroute Europa – Nordamerika gezogen. Ich bin froh, dass ich da in keinem Flieger gesessen bin.
LG, Hannes
Danke Hannes 🙂
Ich hatte einmal das Vergnügen, im Einflussbereich eines Hurrikans in Miami zu landen. Nix für schwache Magennerven.
Heftige Turbulenzen gibt es aber auch bei uns in ME. Ich denke da noch immer an den Landeanflug in Wien während Kyrill (http://de.wikipedia.org/wiki/Orkan_Kyrill) seine Spur der Verwüstung zog.
LG, Franz