Droht ein „Arctic Outbreak“ über Teilen Europas?

Bereits vor 2 Tagen habe ich im Wetterforum von Skywarn darauf hingewiesen.

Zitat:

Die Modellrechnungen der letzten Zeit sind zwar sehr wankelmütig, aber ein Umbau der GWL in Richtung kühler letzter Aprildekade wird immer wahrscheinlicher.
Noch ist der Zeitraum bis zum letzten Aprilwochende zu weit entfernt, um eine Prognose zu machen. Deshalb gehört das mögliche Szenario eines spätwinterlichen Kaltlufeinbruches noch in die Kategorie der Spekulation.

Was spricht dafür?
Sowohl AOI als auch NAOI werden negativ berechnet.
Meridionale Zirkulationsmuster mit einem großräumigen Austausch von polarer Kalt- und subtropischer Warmluft sind ja typisch für den Übergangsmonat April. Die Sonne allein könnte den polaren Kaltluftkörper nicht wegheizen.

 

Damit sich ein arktischer Sommer mit seinem Blütenmeer in der Tundra entwickeln kann, muss das Eis verschwinden und die Erdoberfläche auftauen. Dazu ist aber eine entsprechende Erwärmung der in den Polarnächten stark abgekühlten arktischen Kälte notwendig. Eine rein diabatische Erwärmung durch Sonneneinstrahlung  würde durch Albedo derart gebremst, dass der arktische Sommer in den nördlichsten Regionen Kanadas und Eurasiens keine Vegetation hervorbringen würde.
In der Übergangszeit vom Winter- zum Sommerhalbjahr erfolgt häufig ein Mäandrieren des Jetstreams, wodurch einerseits subtropische Warmluftmassen weit nach Norden befördert werden, andererseits als Ausgleich arktische Kaltluft in südliche Breiten stürzt.  Erst dieser Mischvorgang der unterschiedlich temperierten Luftmassen ermöglicht Vegetation im hohen Norden.
Die Gebiete in den mittleren Breiten, die im Bereich der WLA (Warmluftadvektion) liegen, stöhnen Ende April oft unter fast hochsommerlichen Temperaturen. Dafür ist auch die Wettersingularität EAW ( End-of-April-Warming)  bekannt. Umgekehrt herrscht dort, wo sich die arktische Kaltluftzunge „darüberlegt“, ein spätwinterlicher Wettercharakter mit Schnee- und vor allem bedingt durch Höhenkaltluft gewittrigen Graupelschauern bis in die Niederungen.

 

Exemplarisch die aktuell berechneten Temperaturen der NH (nördlichen Hemisphäre) für morgen Mo in ca. 1500m (850hPa) und 5500m (500hPa):

17.04.2016.gfsnh-1-36

 

17.04.2016.gfsnh-13-36

 

Beide Karten zeigen, dass die im Winter entstandenen   polaren Kältemassen (blau) weitgehend um den Pol angesammelt sind und sich noch deutlich von den wärmeren Luftmassen in den mittleren Breiten abgrenzen.

Was passiert nun im Laufe der nächsten Woche?

In meiner letzten Analyse bin ich schon auf das bevorstehende meridionale Zirkulationsmuster zwischen Nordamerika und Osteuropa mit der sich abzeichnenden Progression der Langwellen in Richtung Osten eingegangen. Und genau diese Entwicklung wird immer wahrscheinlicher, wobei über dem Nordatlantik ein mächtiges Hoch zu liegen kommt.

Exemplarisch dazu die von den gängigen Modellen (GFS, EZ, GEM) recht übereinstimmend berechnete Druckverteilung am kommenden Sa. Sie zeigt zwei markante Kaltlufttröge über dem östlichen Nordamerika und von Skandinavien/Nw-Russland bis zum nördlichen ME. Dazwischen hat sich ein kräftiges nordatlantisches Hochdruckgebiet, das in Grönland die ungewöhnlich starke und frühe Eisschmelze beschleunigt, aufgebaut und wird zum steuernden Zirkulationszentrum für den Kaltluftausbruch an seiner Ostflanke:

17.04.2016.gfsnh-0-156

 

Um die die Auswirkungen auf das polare Kaltluftreservoir zu sehen, mache ich einen Blick auf die Höhentemperaturkarte auf der 500hPa-Fläche zum gleichen Zeitpunkt:

17.04.2016.gfsnh-13-156

 

Wie ein Keil spaltet das das warme Atlantikhoch das arktische Kaltluftpaket und zwingt es zum Ausströmen über Spitzbergen/Skandinavien in Richtung Süden.

 

Nach den letzten Berechnungen erreicht die arktische Kaltluftzunge mit den erwähnten Wettererscheinungen (einstellige Höchsttemperaturen, Graupelgewitter, Schnee bis in tiefer Lagen)  spätestens zum oder nach dem kommenden Wochenende die Alpen:

17.04.2016.gfsnh-13-210

 

Abschließend zum Vergleich die berechneten Druckverteilungen von GFS, EZ und GEM, die unisono übereinstimmend das beschriebene Entwicklungsszenario modellieren:

17.04.2016.gfsnh-0-204

17.04.2016.ECH1-216

17.04.2016.gemnh-0-204

 

Aufgrund des fernen Zeitraumes (Ende des Mittelfristbereiches, 7-9 Tage) ist sowohl das Eingrenzen des vom Kaltlufteinbruch betroffene Gebiets als auch der zeitliche Ablauf des aufgezeigten Szenarios noch mit erheblichen Unsicherheiten behaftet.
Bitte deshalb die beschriebene Entwicklung nicht als Detailprognose ansehen. Ich möchte damit nur das Potential für einen markanten Spätwinterrückfall in den letzten Apriltagen aufzeigen.

 

Update folgt!

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